Keine neuen Atombomber für die Bundeswehr!
Die Bundesregierung möchte in den nächsten Jahren neue Jagdbomber für die Bundeswehr anschaffen. Diese (teuren) Flugzeuge wären in der Lage auch die neue Generation US-amerikanischer Atombomben aufzunehmen, die z.Zt. entwickelt wird. Zwanzig dieser Bomben, die demnächst gegen “Modernisierte” ausgetauscht werden sollen, lagern auf dem deutschen Bundeswehrflugplatz Büchel in der Eifel. Sie sind ein Überbleibsel aus dem Kalten Krieg, die es der Bundeswehr ermöglichen sollten sich im Kriegsfall aktiv an einem atomaren Angriff der NATO auf Russland zu beteiligen.
Die BRD hat eigentlich im Zuge internationaler Vereinbarungen (Atomwaffen-Sperrvertrag) gänzlich auf den Besitz von atomaren Waffen verzichtet. An dieser Verpflichtung schummelt sich die Bundesregierung seit langem durch eine Konstruktion vorbei, die als “nukleare Teilhabe” bezeichnet wird. Dabei hat der Deutsche Bundestag – unter dem Druck der Friedensbewegung – im Jahr 2010 mit großer Mehrheit für den Abzug aller US-amerikanischen Atombomben aus Deutschland gestimmt.
Entstehung der „nuklearen Teilhabe“ im Kalten Krieg
Die „nukleare Teilhabe“ der Bundesrepublik Deutschland war das Ergebnis des sich verschärfenden Ost-West-Konflikts in den 1950er Jahren. Die Sowjetunion hatte den technologischen Rückstand gegenüber den USA sowohl bei der atomaren Bewaffnung (oberirdische Atom/Wasserstoff-bombenversuche) als auch bei den Trägerraketen (Sputnikschock) aufgeholt.
Die BRD Politik war damals besorgt, dass die USA Deutschland und Europa nun nicht mehr bedingungslos mit Atomwaffen gegen einen eventuellen russischen Angriff verteidigen würden, weil jetzt mit einem Vergeltungsangriff durch russische Raketen auf die USA zu rechnen war.
Im Jahr 1954 hatte der damalige Bundeskanzler Konrad Adenauer noch verbindlich erklärt, dass die BRD keinen Atomwaffenbesitz anstrebe. Aber schon drei Jahre später, 1957, drängten Konrad Adenauer und der damalige Verteidigungsminister Franz-Josef Strauß auf die Stationierung von taktischen Atomwaffen auf deutschem Boden. Parallel dazu wurden auch Pläne zur Herstellung eigener deutscher Atomwaffen in Zusammenarbeit mit Frankreich und Italien verfolgt. Erst ein Veto des 1958 wiedergewählten französischen Staatspräsidenten De Gaulle stoppte diese Absichten.
Die USA hatten schon 1955 mit der Lagerung nuklearer Sprengköpfe in Europa begonnen, ohne dass die Öffentlichkeit etwas davon erfuhr. 1957 erklärten sich die USA nach Verhandlungen bereit, den europäischen NATO-Verbündeten, darunter der BRD, im Kriegsfall den Zugriff auf diese Atomwaffen einzuräumen. Bedingung der USA war, dass die Europäer die Trägersysteme, also Atombomber, Raketen und Geschütze, beschafften und die Soldaten ihrer Truppen für den Einsatz von Atombomben trainierten. Über den tatsächlichen Einsatz dieser Atombomben sollten die europäischen NATO-Länder mitentscheiden dürfen. Dies war die Geburtsstunde der „nuklearen Teilhabe“.
Es gab erhebliche Proteste in der deutschen Bevölkerung gegen die Atomwaffen in der BRD (“Kampf dem Atomtod”) und bundesdeutsche Atomwissenschaftler forderten in einem viel beachteten Appell, auf Atomwaffen zu verzichten (“Göttinger 18”). SPD und FDP unterstützen die Proteste. Den SPD-regierten Bundesländern Hamburg, Bremen und Hessen untersagte jedoch das Bundesverfassungsgericht geplante Volksabstimmungen über die Stationierung. Trotz aller Proteste stimmte schließlich 1958 der Deutsche Bundestag mit der CDU/CSU Mehrheit den Atomplänen der Regierung zu.
In den Folgejahren wurden nukleare Sprengköpfe (Minen, Artilleriegeschosse und Freifall-Bomben) in großer Zahl auf über 150 europäische Standorte verteilt. Bis sich Anfang der 1970er Jahren schließlich mehr als 7.000 US-amerikanische Atomsprengköpfe auf europäischen Militärstützpunkten befanden. Erst nach den Abrüstungsverträgen am Ende des Kalten Krieges verringerte sich die Zahl wieder stark, schrittweise auf heute noch ca. 150 Bomben in Depots in Belgien, den Niederlanden, Italien, der Türkei und der BRD.
Jetzt: Neue Atombomben und Bombenflugzeuge
Die ca. 20 amerikanischen Atombomben auf dem Fliegerhorst Büchel in der Eifel sollen in den nächsten Jahren gegen moderne, lenkbare Präzisions-Atombomben ausgetauscht werden. Dazu werden auch neue Bombenflugzeuge benötigt. Denn die gegenwärtig
operierenden Tornados sind aus technischen Gründen nicht in der Lage den neuen Atombombentyp aufzunehmen.
Die Bundesregierung will zurzeit nicht auf die Stationierung der Atombomben verzichten. Sie beruft sich dabei auf ein angebliches deutsches Interesse an der Teilnahme an nuklear-strategischen Diskussionen und Planungen im Rahmen der Nato. Daher ist zu befürchten, dass es tatsächlich zu dieser Form der “Nachrüstung” kommen könnte, die zudem noch mit hohen Kosten verbunden sein dürfte.
Tatsächlich gab es in der Politik in Deutschland in den letzten Jahren sogar wieder Überlegungen zur militärischen Zusammenarbeit mit Frankreich hinsichtlich der Verfügung über eigene Atomwaffen. Der damalige Staatspräsident Sarkozy hatte 2007 ein entsprechendes Angebot an Deutschland unterbreitet, vorausgesetzt Deutschland beteiligte sich an den Kosten der atomaren Rüstung. Und ein im Jahr 2017 von der CDU in Auftrag gegebenes Gutachten des wissenschaftlichen Dienstes des Bundestags kam zu dem Ergebnis, dass rechtlich der möglichen Finanzierung ausländischer Atomwaffenpotentiale nichts im Wege stünde.
Dabei gibt es weiterhin begründete Zweifel, ob nicht schon die bestehende „nukleare Teilhabe“ Deutschlands an den US-Atomwaffen in Büchel gegen den Atomwaffensperrvertrag verstößt, den die BRD 1974 unterzeichnet hat.
Ein Beitritt der Bundesrepublik Deutschland zum neuen UN-Atomwaffenverbotsvertrag von 2017 würde Klarheit schaffen. Dieser Vertrag verbietet Produktion, Transport, Lagerung und Finanzierung von Atomwaffen.
Den Vertrag, für den das Friedensbündnis ICAN 2017 den Friedensnobelpreis erhalten hat, haben inzwischen 122 Staaten unterschrieben und 39 davon bereits ratifiziert. www.icanw.de/wp-content/uploads/2017/07/a-conf-229-17-8.pdf