Keine neuen Waffensysteme mittlerer Reichweite in die Bundesrepublik Deutschland
Ab 2026 wollen die USA wieder Waffensysteme in die Bundesrepublik Deutschland verlegen, die bis Russland reichen. Beim NATO-Gipfel am 19. Juli 2024 hat die Bundesregierung der US-amerikanischen Regierung erlaubt, ab 2026 SM-6-Mehrzweckraketen, Tomahawk-Marschflugkörper sowie eine neue Hyperschallrakete vom Typ Dark Eagle hierher zu verlegen. Es gab keine Debatte oder Abstimmung im Bundestag und auch keine öffentliche Debatte über die Stationierung der Waffensysteme. Sie sind mit nuklearen Sprengköpfen bestückbar, auch wenn gesagt wird, dass sie nicht atomar eingesetzt werden.
Mittelstreckenwaffensysteme sind Angriffswaffen für den (atomaren) Erstschlag
Mit der Stationierung der neuen landgestützten Mittlelstreckenwaffensysteme lassen wir zu, dass die USA das Bundesgebiet als Abschussrampe nutzt. Es wäre so, als würde Russland Mittelstreckenwaffen in Mexiko oder Kuba stationieren, denn aus Russland abgeschossen reichen sie nur bis Westeuropa. Großbritannien Frankreich, USA und Russland haben bereits Mittelstreckenraketen die von Kriegsschiffen abzuschießen sind. Aber die neuen landgestützten Waffen wurden für die sogenannten „Multi-Domain-Operationen“ entwickelt. Das ist seit Herbst 2022 die offizielle Doktrin der US-Armee mit dem Ziel, den Streitkräften in einem Krieg mit Russland und China Bewegungsfreiheit zu schaffen.
Zu den Mittelstreckenwaffen gehören auch Kommandostellen, Bunker und Radaranlagen und sie bilden damit ein Waffensystem. Die Einsatzentscheidung ist Sache der USA und nicht Europas. Aufgrund ihrer Geschwindigkeit kann die Hyperschallrakete Dark Eagle von Mainz-Kastel aus Russland in sechs Minuten erreichen. Sie findet das vorher ausgewählte Ziel, ohne die Möglichkeit, es nachträglich zu korrigieren. Mit ihren technischen Eigenschaften sind es Erstschlagswaffen zur Enthauptung des Gegners. Das sind sie auch dann, wenn sie „nur“ konventionelle Sprengköpfe tragen.
Wir sind Angreifer und Zielscheibe gleichzeitig
Diese Mittelstreckenwaffen sind eine Bedrohung für Russland. Sie können dazu führen, dass Russland nachrüstet und auch landgestützte Mittelstreckenwaffen anschafft die Anzahl erhöht, und sie auch technisch verbessert. So wird eine Aufrüstungsspirale in Gang gesetzt, die zu einer unkontrollierbaren Bedrohung führt. Wenn die Mittelstreckenwaffen in der Bundesrepublik stationiert werden, sind wir im Kriegsfall ein legitimes Ziel des Gegners für dessen Gegenangriff. Wir werden dem hohen Risiko ausgesetzt, ohne dass wir gefragt werden, ob wir die Stationierung der Mittelstreckenwaffen überhaupt wollen. Die Stationierung dieser Waffensysteme verstärkt die Konfrontationspolitik gegen Russland und Frieden in Europa wird erschwert. Es ist für den Gegner nicht erkennbar, ob es sich um atomare oder konventionelle Mittelstreckenwaffen handelt. Aufgrund der geringen Vorwarnzeit kann ein atomarer Gegenschlag schon dann ausgelöst werden, wenn es sich gar nicht um einen Atomangriff handelt.
Der INF-Vertrag hatte den Krieg in Europa verhindert
Die Situation ist damit gefährlicher als in den 1980er Jahren, als mit der Pershing 2 und der damaligen Cruise-missile „Tomahawk“ Angriffswaffen für den atomaren Erstschlag u. a. in Hasselbach im Hunsrück stationiert wurden. Damals gab es in europäischen Staaten und in den USA eine Bürgerbewegung gegen die atomare und konventionelle Aufrüstung. Dieser Bewegung gelang es, aufzuzeigen, dass militärische Konfrontation mit gegenseitiger Aufrüstung schädlich für alle Menschen ist. Der Protest führte dazu, dass in Reykjavik 1987 von den USA und der UdSSR der INF-Vertrag (Intermediate Range Nuclear Forces-Vertrag) abgeschlossen wurde. Mit dem INF-Vertrag zwischen den USA und Russland konnten alle landgestützten Mittelstreckenwaffen, Raketen und Marschflugkörper mit einer Reichweite von 500 bis 5500 km innerhalb von drei Jahren abgeschafft werden. Zudem verbot der Vertrag Produktion und Tests neuer Waffen dieser Kategorie. Mit dem Erfolg der Abrüstungsverhandlungen konnte der Kalte Krieg beendet werden.
Die Kündigung des INF-Vertrages führte zu Aufrüstung
Der Vertrag wurde am 1. Februar 2019 von den USA unter Präsident Trump mit der vorgesehenen sechsmonatigen Frist aufgekündigt. Auch angesichts des außer
Kraft gesetzten INF-Vertragswerks erklärte die russische Regierung Anfang Juni 2020 ihr Festhalten am Prinzip der Einhaltung der internationalen Verpflichtungen auf dem Gebiet der Rüstungskontrolle. Am 29. Juli 2024 wurde berichtet, Putin hätte erklärt, auf die Umsetzung der Stationierungspläne „spiegelgerecht“ zu reagieren und sich dem früheren Verbot landgestützter atomarer Mittelstreckenwaffen nicht mehr verpflichtet zu fühlen. Ende Dezember 2024 hat die russische Regierung offiziell ihr Moratorium für die Stationierung von Mittelstreckenraketen für „praktisch nicht mehr umsetzbar“ erklärt. Denn die USA seien dazu übergegangen, Waffen dieser Klasse „in verschiedenen Regionen der Welt“ zu stationieren.
Mittelstreckenwaffen sollen durch militärische Abschreckung Krieg verhindern. Im Kontext der Einsatzkonzepte führen sie zu weiterer Aufrüstung bis hin zum Krieg. Militärische Abschreckung verhindert Abrüstung durch Verhandlungen und vertrauensbildende Maßnahmen und Frieden.
UN-Atomwaffenverbotsvertrag unterzeichnen
Wir können die Stationierung dieser Mittelstreckenwaffen verhindern. Die Antwort auf die Kündigung des INF-Vertrages ist die Unterzeichnung und Ratifizierung des UN-Atomwaffenverbotsvertrages durch die Bundesregierung. Seit 22. Januar 2021 ist der UN-Atomwaffenverbotsvertrag in Kraft und mehr als 70 Staaten sind ihm beigetreten, nur bisher kein NATO-Staat und kein Staat mit Atomwaffen. Die Bundesregierung ist bisher nicht bereit, den UN-Atomwaffenverbotsvertrag zu unterstützen und nimmt mit der Zustimmung zur Mittelstreckenwaffenstationierung einen Atomkrieg in Kauf.
Frieden schaffen ohne Waffen
Jeder Krieg ist ein Verbrechen an der Menschheit. Rüstungsproduktion, Waffenlieferungen und Aufrüstung führen zu Krieg. Wer Frieden will, muss gegen Kriegsvorbereitung und Krieg aktiv werden und sich für Abrüstung, gegen Waffenlieferungen, für die Umstellung der Rüstungsproduktion auf zivile Güter und für Abschaffung der Bundeswehr einsetzen.
Macht mit!
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